Ein Kind ist uns geboren

Dezember

Ein Kind ist uns geboren (Jesaja 9,1-6)


Für Kinder

Für Christen ist Jesus die Erfüllung der Ankündigung Jesajas von einem königliches Kind. Hier hat der kleine Jesus seine Windel aber schon arg zerrissen! Das ist ein bitterer Hinweis auf das Lendentuch, das Christus am Kreuz tragen wird und auf seine brutale Auspeitschung davor. Man nimmt an, dass die Verurteilten damals nackt oder in ihren Kleidern gekreuzigt wurden, die vom Auspeitschen zerfetzt waren. Das wird Grünewald gewusst haben!

Matthias Grünewald, Maria mit dem Kind, 1512–16 (Detail, Isenheimer Altar), Colmar, Musée Unterlinden


Biblischer Text

Das Volk, das in der Finsternis ging,
hat ein helles Licht gesehen.
Über denen, die im Land des Todesschattens wohnten,
strahlte ein Licht auf.
Du vermehrtest die Nation, schenktest ihr große Freude.
Man freute sich vor deinem Angesicht,
wie man sich freut bei der Ernte,
wie man jubelt, wenn Beute verteilt wird.
Denn sein drückendes Joch und den Stock seines Antreibers
zerbrachst du wie am Tag von Midian.
Jeder Stiefel, der dröhnend daher stampft,
jeder Mantel, im Blut gewälzt,
wird verbrannt, wird ein Fraß des Feuers.

Denn ein Kind wurde uns geboren,
ein Sohn wurde uns geschenkt.
Die Herrschaft wurde auf seine Schulter gelegt.
Man rief seinen Namen aus:
Wunderbarer Ratgeber, Starker Gott,
Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens.
Die große Herrschaft und der Frieden sind ohne Ende
auf dem Thron Davids und in seinem Königreich.
Er festigt und stützt es durch Recht und Gerechtigkeit,
von jetzt an bis in Ewigkeit.


Für Erwachsene

Diese vertrauten Verse, die fest in der christlichen Liturgie der Weihnachtszeit verankert sind, beginnen mit einem Danklied (9,1–4), das die Freude derer ausdrückt, die der Bedrückung Assurs entkommen sind. Es folgt die Ankündigung der Geburt eines Thronfolgers und seiner Namen und schließlich ein Königsorakel, das dem Haus David ewigen Frieden verheißt. Die Thronnamen (9,5) könnten als Charakterisierung des königlichen Kindes missverstanden werden. Doch nur der vierte Name beschreibt den Namensträger. Die ersten drei hingegen beziehen sich auf JHWH. Semitische Namen bestehen oft aus kleinen Sätzen, die Gottes Tun ausdrücken. Sie beschreiben den Gott, dessen Einfluss die Eltern für ihr Kind erhoffen, wie es sich z.B. im Namen Hiskija („JHWH macht stark“) ausdrückt. Sie sagen aber nicht, dass dem Kind Göttlichkeit zukommt, wie es die klassische christliche Lesung hier sieht (Jewish Study Bible 2004, 802). Der vierte Thronname, „Fürst des Friedens“, hingegen kennzeichnet den neuen Herrscher selbst und was er mit JHWHs Hilfe bewirken soll (Berges/Beuken 2016, 73). Auffällig ist, dass der Titel „König“ vermieden wird. Für die Verfasser ist JWHW allein König und der erhoffte Herrscher nur Stellvertreter des göttlichen Königs JHWH. Zu schlecht waren die Erfahrungen mit der Monarchie gewesen. Die zukünftige Herrschaft sollte einem ethischen Ideal („Recht und Gerechtigkeit“, 9,6) folgen, nicht machtpolitischem Kalkül.


Bildnachweis

Grünewald, Maria mit dem Kind, Foto: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/7a/Mathis_Gothart_Gr%C3%BCnewald_043.jpg (letzter Zugriff: 25.08.2021)